Im Zustand der Ruhe und inneren Selbstbetrachtung orte ich meine Gedanken und Gefühle, um einen Raum zu schaffen bzw. meine Wahrnehmung zu entfalten, erweitern und erden.

Das Denken lokalisiere ich im Kopf, Gefühle in Brust und Bauch, genauer gesagt im Bereich des Solarplexus, dem Sonnengeflecht. Mein wahres Ich, die Beobachterin all dieser Sinnesregungen, ist ortlos. Ich kann nicht anschauen, was ich bin. Ich bin einfach: mein wahres Selbst.

Was auch immer wir irgendwo lokalisieren, ist mit uns verbunden, d. h. eins. Es IST Seele. Wir können es nicht als von uns selbst getrenntes Objekt wahrnehmen, da unsere Seele „unkaputtbar“ ist. Wir mögen das glauben. Doch auch der Glaube ist mit unserer Seele verbunden, d. h. seelischer Natur.

Gefühle der Not, Angst und Stress sind unmittelbar mit unserem Denken verbunden und „bedingen“ einander. Wovor habe ich Angst? Dass ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann? Dass ich mit dem Auto verunglücke? Oder bringt die Angst zum Ausdruck, dass ich keinen Weg aus meiner eigenen, logischen Denkstruktur finde?

Es gibt ein Cartoon, dessen Autor mir unbekannt ist. Eine Ziege hat einen durch Heckensträucher gestalteten Irrgarten verlassen, indem sie ein Loch hineinfraß, kommentiert mit dem Satz „Manchmal ist die Lösung einfacher als wir denken.“

Aber wie macht man das mit Gedanken, die sich so fest in unserem Denken verankert haben, dass sie wie brutale, unnachgiebige Diktatoren zu herrschen vermögen?

Entscheidend ist der erste Schritt und die Erkenntnis, DASS wir glauben und der Glaube von uns selbst gepflegt wird. Damit spalten wir unsere Seele künstlich in zwei Teile, um einen imaginären Raum zu schaffen. Wir machen aus unserer stets ganzen Seele ein imaginäres Schiebepuzzle, indem wir eine Lücke in das Bild „brechen“, welches uns vorgaukelt, in Not zu sein. Dann können wir die einzelnen Teile herumschieben, bis wir ein harmonisches Bild geschaffen haben, mit dem wir uns wohl fühlen.

Was aber, wenn uns das nicht gelingen will? Und die Angst sich als Wut und Panikattacke zuspitzt? Dann zerlegen wir die einzelnen Teile in weitere Kleinteile, in „Staub und Asche“. Daraus ließe sich eine Paste herstellen, ein knetbarer Werkstoff, ein Klumpen Lehm. Habe ich Angst um mein Haus, weil ich den Kredit nicht abbezahlen kann, baue ich mir damit ein neues Haus. Die Größe spielt keine Rolle für unsere Vorstellungskraft.

Als Kinder haben wir mit Puppenstuben gespielt und in den kleinen Häusern gewohnt. Wir waren eins mit den Spielfiguren, ohne zu zweifeln. Sie lebten durch uns, waren unsere Geschöpfe, wir waren Schöpfer und Geschöpf in einem. Und das sind und bleiben wir auch als „Erwachsene“! Wir haben es nur vergessen.

Jutta Riedel-Henck, 27. August 2024

 

aus: Jutta Riedel-Henck. Musikempfinden: Das Lied der stummen Seele. 30. Juli 2024 – ...

 

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