Eine als Lüge empfundene Fantasie ist ebenso göttlich wie jene, die sich wahrhaftig anfühlt. Die Lüge gleicht einem Irrgang, einer Abweichung vom Einssein im Denken und Fühlen. Um eins zu werden, bedarf es einer Waage. Die Waage der Gerechtigkeit im Ausdruck der inneren Gewissensstimme.
Der im Denken Übergewichtige wird fallen müssen, um das Gleichgewicht zu finden. Will er einen Unfall vermeiden, muss er fasten durch Meditation und Enthaltsamkeit.
Der im Denken Komplizierte, Chaotische und Wirre erkennt im Lichte des Bewusstwerdens sein verwahrlostes Ego, dessen er sich nicht entledigen kann, ohne aufzuräumen. Kein physischer Tod nimmt ihm die Arbeit des Ordnens und Richtigstellens ab. Das im Leid gefangene Ego sucht Erlösung bis zum letzten Glied, das am rechten Platz zur Ruhe kommt, um Frieden zu schaffen im Einssein von Ich und der Welt.
Wer flüchtet, muss stille stehen. Nach innen sehen und spüren. Bleiben. Seinem emotionalen Treiben standhalten. Sich aushalten mitsamt der miteinander verknoteten Spannungsfäden seiner wild wuchernden Gedankenranken. Das bist du! Du selbst hast dich so geschaffen. Niemand anderes als du kann dich erlösen von der Blindheit für dein eigenes So-Sein, das die liebende Selbst-Annahme von dir einfordert, woran es dich mit Schmerzen erinnert und erinnern wird, solange du dich weigerst, hinzuschauen.
Jeder Schmerz ist der Schrei deines inneren verwaisten Ichs, dem du keine liebende Mutter, kein liebender Vater sein willst. Ungezogen, unerhört tobt und kreischt es auf den Boden trommelnd und um sich schlagend, bis du erkennst: Das bist du! Du selbst! Wie lange willst du noch warten? Erwarten, jemand anderes möge dich zurechtweisen und erziehen? Dir geben, was nur du dir geben kannst?
Jutta Riedel-Henck, 24. Oktober 2023
aus: Die Liebe ist bedingungslos ... alles andere ist Täuschung. 6. August 2023 - ...