Die Mythologie der Menschheit offenbart das größte und folgenschwerste Missverständnis sinnlicher Liebe als Ausdruck begehrlichen Verlangens unbeherrschbarer Triebhaftigkeit.

Der Mann hat sich selbst degradiert, indem er sich um sein Bewusstsein brachte und die Ohnmacht gegenüber dem weiblichen Geschlecht zum göttlichen Gesetz erklärte, die Frau anhimmelnd und zugleich hassend für ihre vermeintliche Übermacht, welche von Natur aus niemand hat, geschweige denn braucht, um wahrhaft zu lieben und genießen.

Machtspiele sind Lustspiele, im So-tun-als-Ob verweigert der Mensch die Öffnung seiner persönlichen Grenzen, gefangen in der Rolle eines Kriegers um den höchsten aller Höhepunkte, bei dem der eine den anderen zu überbieten sucht, ohne jemals satt zu werden.

Narziss hat sich selbst sein Drehbuch geschrieben, jede Figur entstammt der Fantasie menschlicher Liebesfeindlichkeit durch Zuhälterei, Festhalten am Betttuch der verdinglichten Bilderbuch-Welt mit all ihren fabelwesenhaften Protagonisten in Tier- und Menschengestalt.

Sich von einem Bild im Kopf zum Orgasmus führen zu lassen, verstärkt das Gefühl des Gefangenseins im Körperlichen mit steigendem Drang, diese Abhängigkeit zu zerstören. Mord und Totschlag, all die zwischenmenschlichen Kriege gedeihen auf dem Nährboden pornographischer Fantasien.

Jutta Riedel-Henck, 21. Oktober 2023

 

aus: Die Liebe ist bedingungslos ... alles andere ist Täuschung. 6. August 2023 - ...